|
Lookout im Grampions NP |
Jeder weiß, dass Australien eigentlich das Land der Aborigines
ist bzw. war. Und doch sieht man in Australien nicht viel von ihnen, außer in
Souvenirshops, wo man diverse Kunstwerke, Boomerangs und andere typische Mitbringsel
findet. Wir waren überrascht, dass die Einheimischen in vielen
Orten sehr stolz auf die Geschichte der ersten europäischen Siedler, Holzfäller
und Viehzüchter sind, obwohl diese Leute nachweislich absolut nichts Gutes ins
Land gebracht haben, ganz im Gegenteil:
|
Malerischer Ausblick in Towns Hill, Victoria |
Sie haben das Land gerodet, Tiere ausgerottet, andere
Tiere eingeführt, die Natur nachhaltig zerstört und die meisten Ureinwohner
ermordet, vertrieben oder ihnen zumindest das ganze Land weggenommen. Wirklich
kaum zu fassen, dass Australier auf so etwas stolz sein können...
Aber natürlich wird die Geschichte ins Positive verdreht, idealisiert und die negativen Entwicklungen werden kaum erwähnt. Wir haben
uns gefragt, wie andere das finden würden, wenn wir auf die
Errungenschaften aus dem 3. Reich stolz wären und nur das „Positive“ hochhalten
würden. Obwohl unsere Vorfahren aus dieser Zeit stammen, gehen wir ehrlicher
mit unserer Geschichte um, denken wir.
|
Tannenzapfen-Echse |
Wir beschlossen, mehr oder weniger auf eigene
Faust etwas von den Aborigines zu finden. Da wir leider nicht im Northern Territory bzw. anderen
Teilen Australiens waren, in denen noch die meisten Aborigines leben,
mussten wir im Bundesstaat Victoria unser Glück versuchen. In dieser Gegend wurden die meisten Ureinwohner
vertrieben, ermordet, zwangsumgesiedelt oder sie starben wegen eingeführten
Krankheiten. Etwa 98% der ehemaligen Bevölkerung ist innerhalb 40 Jahren
nach der ersten Besiedelung des Südostens Australiens gestorben.
|
Cartoon zum Nachdenken |
Wir entdeckten in unserem Reiseführer einen größeren
Nationalpark, „The Grampians“, indem verschiedene sogenannte „Rockart“-Stellen (Felsmalereien) zu finden sind. Motiviert fuhren wir los. In einem Ort südlich des Nationalparks gab es ein Visitor-Centre. Es gibt wohl in keinem Land der Welt ein so geniales Netzwerk von Touristeninformationen wie in Australien. Sie sind fast immer
gut beschildert, in jeder Karte eingezeichnet und sehr schön und
liebevoll hergerichtet. Es arbeiten hier Freiwillige, was den
Altersdurchschnitt von ca. 70 Jahren erklärt.
Die nette Frau im Visitor-Centre war vielleicht zwischen
80 und 90, auch wenn sie ihrer Erscheinung nach auch gut über 100 sein hätte
können. Langsam und bedächtig erklärte sie uns, dass wir besser in ein anderes Informations-Zentrum
am anderen Ende des Parks gehen sollten, um Informationen über die Kultur der
Aborigines zu erhalten. Super. Außerdem, erklärte sie weiter, könne man im Park
ohnehin „nur so wenig interessante Handabdrücke sehen“. Aber sie selbst wäre
noch nie da gewesen und könne nicht viel darüber sagen. Fast 100 Jahre alt und noch
nie etwas von den Aborigines gesehen!? - Das spricht Bände.
Auch sie erschien
uns eher genervt von der Frage über die Aborigines. Unser Eindruck, den wir öfters hatten: Von der „weißen
Geschichte“ erzählen Australier gerne und begeistert, die „schwarze Geschichte“
möchten sie oft am liebsten verschweigen und ignorieren.
|
Unterwegs auf roten Straßen |
Wie dem auch sei, wir erhielten zumindest eine Karte vom
Nationalpark, auf der die Stellen zu den Felsmalereien halbwegs eingezeichnet
schienen. Irgendwann ging ein Weg von der asphaltierten Straße ab und wir
begaben uns wiedermal illegalerweise mit unserem gemieteten Bus auf eine dirtroad
(Dreckstraße). Der rote Staub wirbelte und wir fuhren durch eine faszinierend
Landschaft aus Eukalyptusbäumen, Gummibäumen und niederen Büschen, die auf
diesem harten rotgelben Boden wuchsen.
Ständig mit ein wenig Angst (mit viel
Angst bei Annika) im Hinterkopf irgendwo an einer sandigeren Stelle hier im
Busch stecken zu bleiben, beschlossen wir, unseren tapferen Bus stehen zu
lassen, durch ein Flüsschen, das die Straße plötzlich kreuzte, hindurch zu
waten und danach ein stückweit den Weg entlang zu laufen. Eine sehr schöne Gegend, wie sich herausstellte. Man
konnte sich wirklich vorstellen, wie hier noch vor 200 Jahren Aborigines
durchzogen und Jagd auf Kängurus und andere Tiere machten.
|
Ein nettes Plätzchen zum Campen |
In einem abgebrannten Waldstück gerade neben dem Weg entdeckten
wir sehr interessante Linien auf einem großen Stein, welche nicht wirklich
natürlich aussahen und wir bilden uns zumindest ein, alte Felsmalereien
gefunden zu haben.
Trotzdem verließen wir diese Gegend, ohne wirklich unser Ziel erreicht zu haben. Weiter
nördlich entlang der „Hauptstraße“ fanden wir einen sehr schönen gratis
Campingplatz an einem Fluss, wo wir übernachten und sogar ein Feuer machen
durften.
|
Handabdrücke und weitere Zeichen |
Voll neuem Tatendrang begaben wir uns am nächsten Morgen
weiter Richtung Norden, um zwei andere Stellen mit Felsmalereien aufzusuchen. Wieder
auf Sand-Dreck-Wegen unterwegs hofften wir, endlich mal eine dieser Malereien
zu finden.
Und tatsächlich schafften wir es! Es war an beiden
Stellen nicht so viel zu sehen, aber es ist dennoch faszinierend. Außerdem muss
man sich einfach vorstellen, wie diese Menschen über Jahrtausende hinweg bis
noch vor Kurzem (vor weniger als 200 Jahren) auf einfachste Weise mit Stein- und Holzwerkzeugen lebten.
|
Bunjil's Shelter |
Die Aborigines nutzten von Wind und Wetter geschützte Steinnischen für
ihre Malereien. Leider ist heute nicht mehr viel über diese Felsmalereien
bekannt und über ihre Bedeutung kann man nur rätseln. Insgesamt besuchten wir
drei Rockart-Stellen, sogenannte Shelters, und wir waren froh, durch diese
Malereien und einigen Informationstafeln wenigstens ein kleines bisschen von
der alten Geschichte der „wahren“ Australier zu sehen und zu erfahren.
|
Auf der Suche nach den Felsmalereien |
Der Nationalpark glänzt sonst noch mit schönen
Wasserfällen, Seen und Aussichtspunkten.
Es gibt hier aber auch ein
Aboriginal Culture Centre, das
laut Reiseführer Aborigines gehört und von ihnen geführt wird.
Hier hofften wir
endlich etwas mehr über die Uraustralier und ihre Geschichte zu erfahren. Wir
waren dann doch recht enttäuscht und traurig betroffen von dem, was wir vorfanden.
|
Bild im Kultur-Zentrum |
Enttäuscht waren wir davon, dass wiedermal (wie fast überall in Australien) nur
ein großes Geschäft daraus gemacht wurde. Um ins Centre gelangen
zu können, musste man erst durch ein großes Gebäude gehen, das ein
einziger Souvenir-Laden ist. Im eigentlichen Kulturzentrum, das sehr nett gemacht ist, war kein einziger Aborigine zu finden. Der
offensichtlich weiße und einzige Angestellte war weder freundlich noch
hilfsbereit.
Betroffen waren wir dann von dem, was es über die
Aborigines alles zu lesen gab: über den verheerenden Kontakt mit den Europäern
im 19. Jahrhundert – mit Abstand das Unrühmlichste an Australien. Tausende
Aborigines starben, wurden vertrieben oder einfach ermordet, Familien wurden
zerrissen, Kinder von ihren Eltern getrennt. – Und das alles mit der festen
Überzeugung der Europäer mit ihrem Handeln im Recht zu sein.
|
Unser Boomerang! |
Nachwievor leben die wenigen, übriggebliebenen Aborigines
von der Gesellschaft fast ausgeschlossen, sterben 20 Jahre früher als Weiße und
führen heute, im Jahr 2013, zwar nicht offiziell, aber praktisch ein Leben,
das dem der Apartheit in Südafrika gleicht. Wenn man Australier heute nach den
Aborigines fragt, bekommt man folgendes zu hören: „Sie können nichts, nur trinken.“ oder „Sie bringen es
zu nichts, verschleudern nur das viele Geld, das der Staat ihnen zahlt.“. Probleme
eines Volkes, das beinahe ausgerottet und unmenschlich behandelt wurde und
über die die scheinbar „bessere europäische Kultur“ ganz plötzlich hereinbrach.
|
Bemalen des Boomerangs |
Wir haben in unseren ganzen 6 Wochen in Australien
vielleicht 5 (!) Aborigines gesehen. Zwei davon waren Straßenkünstler in Sydney,
die typischerweise mit Digeridoo-Musik Geld verdienen wollten. Es waren somit
sowieso die Einzigen, die wir in einer größeren Stadt gesehen haben. Es war
wirklich ziemlich bedrückend.
Um nicht ganz deprimiert hinaus zu gehen, beschlossen wir,
einen Boomerang zu bemalen, eigentlich etwas für Kinder, aber das war uns egal.
Wir gaben uns wirklich viel Mühe und versuchten die wunderschöne und
interessante Kunst der Aborigines, mit Punkten zu malen, nachzuahmen.
Wir brauchten länger als gedacht, obwohl wir sogar beide
an einem Boomerang arbeiteten. Der unfreundliche Angestellte wollte uns dann
15 Minuten vor Schließung des Centres hinauswerfen. Immerhin
waren wir so stur, auf ein bisschen Farbe zu bestehen, und so malten wir
unseren Boomerang draußen auf einer Parkbank fertig.
Glücklich, zumindest etwas Positives von hier mitnehmen
zu können, fuhren wir von dannen.
|
Spiel mit dem Feuer |
Wir fanden einen herrlichen Campingplatz in einem kleinen
Wald, der nicht nur gratis, praktisch leer und wunderschön gelegen war, sondern
auch Feuerstellen hatte. So konnten wir sogar nochmals ein richtig tolles
Lagerfeuer machen und unseren letzten Tag im Camper gebührend beschließen.
Fotos zum Nationalpark und zur Great Ocean Road gibt es hier:
hier klicken
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen