Sonntag, 24. November 2013

Aboriginal Australia - Spuren verlorener Völker



Lookout im Grampions NP
Jeder weiß, dass Australien eigentlich das Land der Aborigines ist bzw. war. Und doch sieht man in Australien nicht viel von ihnen, außer in Souvenirshops, wo man diverse Kunstwerke, Boomerangs und andere typische Mitbringsel findet. Wir waren überrascht, dass die Einheimischen in vielen Orten sehr stolz auf die Geschichte der ersten europäischen Siedler, Holzfäller und Viehzüchter sind, obwohl diese Leute nachweislich absolut nichts Gutes ins Land gebracht haben, ganz im Gegenteil:

Malerischer Ausblick in Towns Hill, Victoria
Sie haben das Land gerodet, Tiere ausgerottet, andere Tiere eingeführt, die Natur nachhaltig zerstört und die meisten Ureinwohner ermordet, vertrieben oder ihnen zumindest das ganze Land weggenommen. Wirklich kaum zu fassen, dass Australier auf so etwas stolz sein können...
Aber natürlich wird die Geschichte ins Positive verdreht, idealisiert und die negativen Entwicklungen werden kaum erwähnt. Wir haben uns gefragt, wie andere das finden würden, wenn wir auf die Errungenschaften aus dem 3. Reich stolz wären und nur das „Positive“ hochhalten würden. Obwohl unsere Vorfahren aus dieser Zeit stammen, gehen wir ehrlicher mit unserer Geschichte um, denken wir.

Tannenzapfen-Echse
Wir beschlossen, mehr oder weniger auf eigene Faust etwas von den Aborigines zu finden. Da wir leider nicht im Northern Territory bzw. anderen Teilen Australiens waren, in denen noch die meisten Aborigines leben, mussten wir im Bundesstaat Victoria unser Glück versuchen. In dieser Gegend wurden die meisten Ureinwohner vertrieben, ermordet, zwangsumgesiedelt oder sie starben wegen eingeführten Krankheiten. Etwa 98% der ehemaligen Bevölkerung ist innerhalb 40 Jahren nach der ersten Besiedelung des Südostens Australiens gestorben.

Cartoon zum Nachdenken
Wir entdeckten in unserem Reiseführer einen größeren Nationalpark, „The Grampians“, indem verschiedene sogenannte „Rockart“-Stellen (Felsmalereien) zu finden sind. Motiviert fuhren wir los. In einem Ort südlich des Nationalparks gab es ein Visitor-Centre. Es gibt wohl in keinem Land der Welt ein so geniales Netzwerk von Touristeninformationen wie in Australien. Sie sind fast immer gut beschildert, in jeder Karte eingezeichnet und sehr schön und liebevoll hergerichtet. Es arbeiten hier Freiwillige, was den Altersdurchschnitt von ca. 70 Jahren erklärt.

Die nette Frau im Visitor-Centre war vielleicht zwischen 80 und 90, auch wenn sie ihrer Erscheinung nach auch gut über 100 sein hätte können. Langsam und bedächtig erklärte sie uns, dass wir besser in ein anderes Informations-Zentrum am anderen Ende des Parks gehen sollten, um Informationen über die Kultur der Aborigines zu erhalten. Super. Außerdem, erklärte sie weiter, könne man im Park ohnehin „nur so wenig interessante Handabdrücke sehen“. Aber sie selbst wäre noch nie da gewesen und könne nicht viel darüber sagen. Fast 100 Jahre alt und noch nie etwas von den Aborigines gesehen!? - Das spricht Bände.
Auch sie erschien uns eher genervt von der Frage über die Aborigines. Unser Eindruck, den wir öfters hatten: Von der „weißen Geschichte“ erzählen Australier gerne und begeistert, die „schwarze Geschichte“ möchten sie oft am liebsten verschweigen und ignorieren.

Unterwegs auf roten Straßen
Wie dem auch sei, wir erhielten zumindest eine Karte vom Nationalpark, auf der die Stellen zu den Felsmalereien halbwegs eingezeichnet schienen. Irgendwann ging ein Weg von der asphaltierten Straße ab und wir begaben uns wiedermal illegalerweise mit unserem gemieteten Bus auf eine dirtroad (Dreckstraße). Der rote Staub wirbelte und wir fuhren durch eine faszinierend Landschaft aus Eukalyptusbäumen, Gummibäumen und niederen Büschen, die auf diesem harten rotgelben Boden wuchsen.


Ständig mit ein wenig Angst (mit viel Angst bei Annika) im Hinterkopf irgendwo an einer sandigeren Stelle hier im Busch stecken zu bleiben, beschlossen wir, unseren tapferen Bus stehen zu lassen, durch ein Flüsschen, das die Straße plötzlich kreuzte, hindurch zu waten und danach ein stückweit den Weg entlang zu laufen. Eine sehr schöne Gegend, wie sich herausstellte. Man konnte sich wirklich vorstellen, wie hier noch vor 200 Jahren Aborigines durchzogen und Jagd auf Kängurus und andere Tiere machten.

Ein nettes Plätzchen zum Campen
In einem abgebrannten Waldstück gerade neben dem Weg entdeckten wir sehr interessante Linien auf einem großen Stein, welche nicht wirklich natürlich aussahen und wir bilden uns zumindest ein, alte Felsmalereien gefunden zu haben.
Trotzdem verließen wir diese Gegend, ohne wirklich unser Ziel erreicht zu haben. Weiter nördlich entlang der „Hauptstraße“ fanden wir einen sehr schönen gratis Campingplatz an einem Fluss, wo wir übernachten und sogar ein Feuer machen durften.

Handabdrücke und weitere Zeichen
Voll neuem Tatendrang begaben wir uns am nächsten Morgen weiter Richtung Norden, um zwei andere Stellen mit Felsmalereien aufzusuchen. Wieder auf Sand-Dreck-Wegen unterwegs hofften wir, endlich mal eine dieser Malereien zu finden.
Und tatsächlich schafften wir es! Es war an beiden Stellen nicht so viel zu sehen, aber es ist dennoch faszinierend. Außerdem muss man sich einfach vorstellen, wie diese Menschen über Jahrtausende hinweg bis noch vor Kurzem (vor weniger als 200 Jahren) auf einfachste Weise mit Stein- und Holzwerkzeugen lebten.

Bunjil's Shelter
Die Aborigines nutzten von Wind und Wetter geschützte Steinnischen für ihre Malereien. Leider ist heute nicht mehr viel über diese Felsmalereien bekannt und über ihre Bedeutung kann man nur rätseln. Insgesamt besuchten wir drei Rockart-Stellen, sogenannte Shelters, und wir waren froh, durch diese Malereien und einigen Informationstafeln wenigstens ein kleines bisschen von der alten Geschichte der „wahren“ Australier zu sehen und zu erfahren.


Auf der Suche nach den Felsmalereien
Der Nationalpark glänzt sonst noch mit schönen Wasserfällen, Seen und Aussichtspunkten.
Es gibt hier aber auch ein Aboriginal Culture Centre, das laut Reiseführer Aborigines gehört und von ihnen geführt wird.
Hier hofften wir endlich etwas mehr über die Uraustralier und ihre Geschichte zu erfahren. Wir waren dann doch recht enttäuscht und traurig betroffen von dem, was wir vorfanden.



Bild im Kultur-Zentrum
Enttäuscht waren wir davon, dass wiedermal (wie fast überall in Australien) nur ein großes Geschäft daraus gemacht wurde. Um ins Centre gelangen zu können, musste man erst durch ein großes Gebäude gehen, das ein einziger Souvenir-Laden ist. Im eigentlichen Kulturzentrum, das sehr nett gemacht ist, war kein einziger Aborigine zu finden. Der offensichtlich weiße und einzige Angestellte war weder freundlich noch hilfsbereit.


Betroffen waren wir dann von dem, was es über die Aborigines alles zu lesen gab: über den verheerenden Kontakt mit den Europäern im 19. Jahrhundert – mit Abstand das Unrühmlichste an Australien. Tausende Aborigines starben, wurden vertrieben oder einfach ermordet, Familien wurden zerrissen, Kinder von ihren Eltern getrennt. – Und das alles mit der festen Überzeugung der Europäer mit ihrem Handeln im Recht zu sein.

Unser Boomerang!
Nachwievor leben die wenigen, übriggebliebenen Aborigines von der Gesellschaft fast ausgeschlossen, sterben 20 Jahre früher als Weiße und führen heute, im Jahr 2013, zwar nicht offiziell, aber praktisch ein Leben, das dem der Apartheit in Südafrika gleicht. Wenn man Australier heute nach den Aborigines fragt, bekommt man folgendes zu hören: „Sie können nichts, nur trinken.“ oder „Sie bringen es zu nichts, verschleudern nur das viele Geld, das der Staat ihnen zahlt.“. Probleme eines Volkes, das beinahe ausgerottet und unmenschlich behandelt wurde und über die die scheinbar „bessere europäische Kultur“ ganz plötzlich hereinbrach.

Bemalen des Boomerangs
Wir haben in unseren ganzen 6 Wochen in Australien vielleicht 5 (!) Aborigines gesehen. Zwei davon waren Straßenkünstler in Sydney, die typischerweise mit Digeridoo-Musik Geld verdienen wollten. Es waren somit sowieso die Einzigen, die wir in einer größeren Stadt gesehen haben. Es war wirklich ziemlich bedrückend.
Um nicht ganz deprimiert hinaus zu gehen, beschlossen wir, einen Boomerang zu bemalen, eigentlich etwas für Kinder, aber das war uns egal. Wir gaben uns wirklich viel Mühe und versuchten die wunderschöne und interessante Kunst der Aborigines, mit Punkten zu malen, nachzuahmen.
Wir brauchten länger als gedacht, obwohl wir sogar beide an einem Boomerang arbeiteten. Der unfreundliche Angestellte wollte uns dann 15 Minuten vor Schließung des Centres hinauswerfen. Immerhin waren wir so stur, auf ein bisschen Farbe zu bestehen, und so malten wir unseren Boomerang draußen auf einer Parkbank fertig.
Glücklich, zumindest etwas Positives von hier mitnehmen zu können, fuhren wir von dannen.


Spiel mit dem Feuer
Wir fanden einen herrlichen Campingplatz in einem kleinen Wald, der nicht nur gratis, praktisch leer und wunderschön gelegen war, sondern auch Feuerstellen hatte. So konnten wir sogar nochmals ein richtig tolles Lagerfeuer machen und unseren letzten Tag im Camper gebührend beschließen.
Fotos zum Nationalpark und zur Great Ocean Road gibt es hier: 
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